Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in seinem Urteil vom 13. Dezember 2023 (Az.: 5 U 10/23) deutlich gemacht, dass ein Patient auch gegenüber nichtärztlichen Mitarbeitern wirksam gemäß § 630 e Abs. 3 BGB auf die Aufklärung verzichten kann. Der Aufklärungsverzicht hat somit nicht zwangsweise gegenüber dem behandelnden Arzt zu erfolgen. Auch ein Verzicht auf die Qualifikation des Aufklärenden nach § 630 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ist gegenüber nichtärztlichen Mitarbeitern möglich.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin nahm die Beklagten wegen einer angeblich fehlerhaften Durchführung einer MRT-Untersuchung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.

Bei der Klägerin wurde im April 2015 ein Meningeom WHO Grad I am Planum sphenoidale diagnostiziert. Dieser Tumor wurde sodann operativ entfernt. Im Zusammenhang mit dem operativen Eingriff war die Klägerin weitestgehend erblindet und hatte ihren Geruchssinn verloren. Anschließend begab sich die Klägerin zur wiederkehrenden radiologischen Tumornachsorge in Behandlung bei den Beklagten. Im Rahmen der Tumornachsorge erfolgten – zum Teil mehrmals im Jahr – MRT-Verlaufskontrollen in der Praxis der Beklagten. Bis zum April 2016 wurden diese Kontrolluntersuchungen zum Teil mit und zum Teil ohne Gabe eines Kontrastmittels durchgeführt, ohne dass allergische Reaktionen bei der Klägerin auftraten. Die streitgegenständlichen MRT-Untersuchungen im Oktober 2017 und Oktober 2018 wurden sodann aufgrund eines befürchteten Rezidivs unter Kontrastmittelgabe durchgeführt.

Die Klägerin war zu Unrecht der Ansicht bereits im Jahre 2017 sei lediglich eine unzureichende Aufklärung über die Kontrastmittelgabe erfolgt, da keiner der beklagten Ärzte, sondern allein der Zeuge K., ein MTRA, ihr den Aufklärungsbogen vorgelesen und für sie ausgefüllt habe. Tatsächlich wurde im Jahr 2017 allerdings das Aufklärungsgespräch zur Verwendung des Kontrastmittels durch den Beklagten zu 1., mithin einem Arzt, durchgeführt.  Die Klägerin gab an, schon im Anschluss an diese Behandlung unter Ausschlag im Gesicht, im Nacken, im Bereich der Brust und an den Schultern gelitten zu haben. Die Klägerin behauptete fälschlicherweise weiter, sie sei auch im Rahmen der streitgegenständlichen Untersuchung im Jahr 2018 nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Eine Aufklärungsgespräch war im Jahr 2018 jedoch nicht erforderlich. Im Rahmen dieser Behandlung hatte die Klägerin gegenüber dem Zeugen K. (MTRA) auf ein Aufklärungsgespräch durch die beklagten Ärzte verzichtet.

Im Anschluss an diese MRT-Untersuchung gab die Klägerin Entzündungen im Bereich des Mundraumes, Juckreiz und Pusteln am Kopf und Oberkörper an. Ferner habe sie vor der streitgegenständlichen Behandlung Kontraste und Farben wahrnehmen und hell/dunkel unterscheiden können. Nach der streitgegenständlichen Behandlung sei ihr dies dauerhaft nicht mehr möglich. Dies sei auf die Gabe des Kontrastmittels zurückzuführen.

Die behaupteten Beeinträchtigungen waren durch den gerichtlichen Sachverständigen in der ersten Instanz allerdings nicht objektivierbar. Erstinstanzlich wurde zudem ein wirksamer Aufklärungsverzicht angenommen.

Deshalb wies das erstinstanzliche Landgericht Osnabrück die Klage sachverständig beraten zu Recht vollumfänglich ab. Die Klägerin legte sodann Berufung vor dem Oberlandesgericht Oldenburg ein.

Das Oberlandesgericht Oldenburg wies die Berufung als unbegründet zurück.

Aus den Gründen:

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg war vorrangig die Frage zu klären, ob die Klägerin in die tatsächlich durchgeführte Untersuchung im Jahr 2018 wirksam eingewilligt habe. Den Beklagten gelang es, die erfolgte Einwilligung zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen. Das Oberlandesgericht kam ferner richtigerweise zu dem Ergebnis, die Klägerin habe wirksam auf die Aufklärung verzichtet.

Die Aussage des Zeugen K., die Klägerin habe damals kein Gespräch mit dem Beklagten zu 1. – dem Behandler – gewollt, sie habe im Übrigen auch den Aufklärungsbogen erhalten, ordnete das Oberlandesgericht Oldenburg als glaubhaft ein. Genau an diesem Punkt wird das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg sowohl aus rechtlicher als auch aus praktischer Sicht interessant.

Der Senat trat der Wertung des Landgerichts bei, dass die Klägerin auf eine weitergehende Aufklärung gegenüber dem MTRA wirksam verzichtet habe. Ein solcher Verzicht auf die Aufklärung sei rechtlich auch gegenüber nichtärztlichen Personen möglich. Der Senat könne keinen Grund erkennen, warum zudem nicht ein Verzicht auf die Qualifikation des Aufklärenden nach § 630 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ebenfalls gegenüber nichtärztlichen Personen möglich sein solle. Soweit die Klägerin anführe, ein solcher Verzicht habe gegenüber einem Arzt erklärt werden müssen, könne der Senat keinen Grund für diese Restriktion erkennen. Die Auffassung des Senats ist zutreffend. Eine Wirksamkeitsanforderung, wonach ein Aufklärungsverzicht stets gegenüber ärztlichen Personen erklärt werden muss, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 630 e BGB nicht.

Fazit:

Das Landgericht Oldenburg macht im Rahmen seiner Entscheidung sehr deutlich, dass sowohl ein Verzicht auf die Aufklärung als solche, als auch ein Verzicht auf die Qualifikation des Aufklärenden auch gegenüber nichtärztlichen Mitarbeitern erklärt werden kann. Diese Entscheidung hat damit (erleichternde) Auswirkungen auf die organisatorischen Abläufe sowohl in Kliniken als auch in Praxen niedergelassener Ärzte. Eine Behandlung kann nach vom Patienten wirksam erklärten Aufklärungsverzicht auch dann durchgeführt werden, wenn bis zur Behandlung kein Patientenkontakt stattgefunden hat. Es ist demnach nicht erforderlich, dass die behandelnden Ärzte stets mit den Patienten Rücksprache über den erfolgten Aufklärungsverzicht halten.

Nichtsdestotrotz sind die für den Aufklärungsverzicht geltenden gesetzlichen Anforderungen in jedem Fall zu beachten. Der Patient muss den Verzicht deutlich, klar und unmissverständlich äußern und die Behandlung sowie deren Chancen und Risiken zutreffend erkannt haben.