Immer wieder versuchen Patienten, der Zahlung des Eigenanteils für Zahnersatz mit der Behauptung zu entgehen, der Heil- und Kostenplan bedürfe der Schriftform, müsse also vom Patienten unterzeichnet sein. Dieser Einwand ist unberechtigt, wie der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 2. Mai 2024, Aktenzeichen III ZR 197/23) für die bisherige Rechtslage höchstrichterlich bestätigt. Aber: Euphorische Reaktionen sind unberechtigt, weil sich durch die Neufassung des Bundesmantelvertrages mit Einführung des elektronischen Einreichungsverfahrens die rechtlichen Rahmenbedingungen maßgeblich verändert haben. Aufmerksamkeit ist geboten.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein gesetzlich krankenversicherter Patient hatte bei seinem Zahnarzt für einen aufwendigen, weitgehend außervertraglichen (andersartigen) Zahnersatz und Begleitleistungen mehrere Heil- und Kostenpläne unterzeichnet. Später erfolgte eine umfangreiche Planänderung, durch die sich eine wesentliche Verteuerung der Behandlung ergab. Der darauf bezogene neue HKP wurde durch den Patienten nicht unterzeichnet, aber dem Krankenversicherer vorgelegt, genehmigt und bezuschusst. Nach Eingliederung des Zahnersatzes leistete der Patient keine Zahlung. Das Landgericht Berlin und das Kammergericht (Oberlandesgericht Berlin) gestanden dem Zahnarzt nur die aus den unterzeichneten HKPs resultierenden Eigenanteile zu. Nur für diese sei die – vermeintlich notwendige – Schriftform gewahrt (sie erfordert die Unterschrift beider Vertragspartner).

Der Bundesgerichtshof sprach nun das überfällige Machtwort: Der Zahnarzt hat bei Verwendung der mantelvertraglichen Formulare auch dann Anspruch auf Bezahlung des Eigenanteils, wenn der Patient diesen nicht unterschrieben hat.

Schon das Kammergericht hielt fest, aus der GOZ folge nicht das Erfordernis der schrift­lichen Vereinbarung der Behandlungsplanung. Zwischen einer medizinisch notwendigen Leistung und einer schriftlich vereinbarungsbedürftigen »Verlangensleistung« könne nicht anhand der Abgrenzung zwischen »Regelversorgung« und »andersartiger Versorgung« in der GKV unterschieden werden. Auch der BGH betont: Alle zur Behandlung geeigneten Therapien sind notwendig. Maßgeblich dafür sind allein medizinische, nicht dagegen wirtschaftliche Aspekte. Nur über das medizinisch Notwendige hinausgehende, insbesondere rein ästhetischen Zwecken dienende Behandlungen sind definitorisch »nicht notwendig«.

Im Gegensatz zu beiden Vorinstanzen führt der BGH aus, auch aus dem SGB V und dem Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) folge nicht das Erfordernis der schriftlichen Vereinbarung des HKP (oder eines sonstigen Kostenvoranschlages). Auch im Verhältnis zum GKV-Patienten bestehe lediglich eine (in Textform) zu erfüllende Informationspflicht über die Kosten der Behandlung. Dieser genüge der Zahnarzt mit dem HKP gemäß Vordruckvereinbarung (Anlage 14 zum Bundesmantelvertrag), dem auch der Eigenanteil des Patienten zu entnehmen sei. Bezüglich der Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflicht ist demnach nicht zwischen Regelversorgung, gleichartiger oder andersartiger Versorgung zu unterscheiden.

Insbesondere kann nach den Urteilsgründen ein Schriftformerfordernis nicht aus § 8 Abs.7 Satz 3 BMV-Z hergeleitet werden: Soweit danach eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden »soll«, bezieht sich dies nur auf vollständig außervertragliche »Verlangensleistungen«.

Dass die Feststellung dieser Selbstverständlichkeit dreier Instanzen und der Hartnäckigkeit des Behandlers bedurfte – sein Abrechnungsunternehmen hatte zwischenzeitlich klein beigegeben – kann allerdings nur verwundern. Maßgeblich ist hier nämlich, worauf auch der BGH hinweist, die Unterscheidung zwischen einer Verpflichtung zur »schriftlichen Information« und einer schriftlichen Vereinbarung (also einem Vertragsschluss in schriftlicher Form). Letzterer ist dem deutschen Vertragsrecht fremd, das sogar den »stillschweigenden« Abschluss eines Behandlungsvertrages zulässt. Nur wenn ein Schriftformerfordernis für den Vertragsschluss konstituiert ist, gehört zur Wahrung der Schriftform die beiderseitige Unterzeichnung eines Vertrages.

Einen wichtigen Aspekt betont der BGH jedoch ergänzend und muss deshalb den Rechtsstreit an das Kammergericht zurückverwiesen: Dem Patienten wird eine wirtschaftliche Aufklärung geschuldet. Soweit der anfallende Eigenanteil betroffen ist, kann dieser dem HKP entnommen werden. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich aber auch auf kostengünstigere, medizinisch anerkannte und für den konkreten Behandlungsfall geeignete andere Therapieformen. Auch wenn diesen Anforderungen an die Aufklärung genügt wurde, bleibt Vorsicht mehr denn je geboten: Zu den Kernargumenten des BGH zählt die Feststellung, der Patient erlange von allen relevanten Informationen schon darum Kenntnis, weil der HKP »über den Patienten« an den gesetzlichen Krankenversicherer weiterzuleiten sei. Mit Einführung des elektronischen Genehmigungsverfahrens trifft das nicht mehr zu, weil die Einreichung des HKP durch den Vertragszahnarzt direkt bei der Krankenkasse erfolgt. Der Patient erhält – anders als früher – den HKP (und damit die Kosteninformation über den Eigenanteil) nicht mehr »automatisch« in der gebotenen schriftlichen Form.

Auch aus der Änderung des Genehmigungsverfahrens folgt aber kein Schriftformerfordernis, wie die Neufassung der entsprechenden Regelungen in der aktuellen Fassung des BMV-Z belegt:
Nur bei elektronischer Einreichung des HKP verpflichtet Ziffer 3 der Anlage 2 zum BMV-Z den Zahnarzt dazu, den Patienten »in schriftlicher Form über die geplante Behandlung zu informieren«. Eine über die Bestimmungen des BGB hinausgehende Verpflichtung zur Eingehung eines schriftlichen Behandlungsvertrages folgt daraus nicht. Dieser Umstand wird durch Ziffer 1 der Anlage 2 bestätigt, worin lediglich das allgemeine Erfordernis festgehalten wird, den Patienten vor Ausstellung des HKP über die zu erwartenden Kosten »aufzuklären«.

Schließlich ist Anlage 14b zum BMV-Z in den Blick zu nehmen. Diese »Ausfüllhinweise« zu den mantelvertraglich vereinbarten Formularen sprechen die Unterschriften von Zahnarzt und Patient an (Ausfüllhinweise zu Vordrucken 3a und 3b, Abschnitt B). Danach ist »bei einer durch den Versicherten gewünschten gleich- oder andersartige Versorgung nach erfolgter Aufklärung durch den Zahnarzt Teil 2 (Vordruck 3b) des Heil- und Kostenplans vom Versicherten oder seinem gesetzlichen Vertreter spätestens vor Behandlungsbeginn zu unterschreiben«. Diese Bestimmung konstituiert indessen kein Schriftformerfordernis für den Behandlungsvertrag (weshalb das Fehlen der Unterschrift nicht zum Entfall der Verpflichtung des Patienten zur Zahlung des Eigenanteils führt), sondern gegebenenfalls einen Mangel des HKP (wie dies auch bei einer fehlenden Unterschrift auf dem Vordruck 3a (Teil 1 des HKP) gelten würde. Die gesetzlich allein gebotene Information des Patienten über die Kosten der Behandlung ist nämlich auch bei Fehlen seiner Unterschrift erfolgt. Dies gilt um so mehr, als im elektronischen Einreichungsverfahren zwar nach wie vor ein Unterschriftsfeld zur Unterzeichnung des HKP durch den Patienten vorgesehen ist (Anlage 14c BMV-Z, eFormular 3 »Heil- und Kostenplan«), für die Antragstellung selbst aber nur bestimmte Teile des HKP in Form von Datensätzen übermittelt werden (§ 11 der Anlage 15 zum BMV-Z). In Anlage 14d zum BMV-Z (»Erläuterungen und Ausfüllhinweise zu den eFormularen«) heißt es zum eFormular 3 ausdrücklich (s. Anmerkung 7): »Eine Unterschrift des Versicherten im Abschnitt >Erklärung des Versicherten< ist auf dem Ausdruck des Style-sheets nicht erforderlich.«
Auch daraus folgt, dass kein Schriftformerfordernis konstituiert, sondern lediglich die Information des Patienten über Tatsache und Inhalt des HKP sichergestellt werden soll.

Das Risiko des Vertragszahnarztes besteht mithin nicht in der Missachtung eines Schriftformerfordernisses, sondern in der Gefahr, die erfolgte schriftliche Information durch den ordnungsgemäß ausgefüllten HKP bzw. die »Patienteninformation« künftig nicht mehr beweisen zu können, weil der HKP nicht mehr verpflichtend »durch die Hände« des Patienten zur Krankenkasse gelangt, sondern durch den Vertragszahnarzt an die Krankenkasse übermittelt wird und der Patient bei Fehlen seiner Unterschrift auf der Patienteninformation behaupten kann, er habe diese niemals erhalten (ein im Zusammenhang mit schriftlichen Aufklärungsformularen sattsam bekanntes Phänomen). Es ist darum dringend zu empfehlen, den HKP durch den Patienten auf den dafür vorgesehenen Unterschriftsfeldern der Vordrucke 3a (KHP Teil 1) und 3b (HKP Teil 2) unterschreiben zu lassen, um die Kenntnisnahme (und damit die schriftliche Information des Patienten) auch nachträglich beweisen zu können. Eine aus dem Verfahren der Weiterleitung des HKP resultierende rechtliche Vermutung für die Information des Patienten gibt es im elektronischen Anrechnungsverfahren nicht mehr. Diesen Umstand konstatiert der BMV-Z mit der Empfehlung, die Zahnersatz-Behandlung bei der Krankenkasse erst dann zu beantragen, wenn der Patient die Patienteninformation (Vordrucke 3c – »Patienteninformation Regelversorgung« oder 3d – »Patienteninformation gleich- und andersartige Versorgung« – gemäß Anlage 14 zum BMV-Z) unterschrieben hat. Dies gewährleistet den Nachweis, dass die unmittelbar aus dem Gesetz (§ 630c Abs.3 BGB) folgende Pflicht zur Information des Patienten über die von ihm zu tragenden Kosten der Behandlung erfolgt ist.